J. Weidenfels
 
Die Unmöglichkeit, weiter zu machen wie bisher
Überlegungen anlässlich des Todes von Tawfik Zayyad (1994)

Während die neuen Vereinbarungen zwischen der Regierung Israels und der PLO Schritt für Schritt umgesetzt werden, ist am 6. Juli 1994 der palästinensische Dichter Tawfik Zayyad den Folgen eines Verkehrsunfalls erlegen. Tawfik Zayyad, dessen 1965 geschriebenes Gedicht „Das Unmögliche“ wie eine vorausschauende Warnung vor der staatlichen Repressionspolitik erscheint, die zuletzt die Intifada auslöste, war langjähriger Bürgermeister von Nazareth und saß zuletzt für eine dritte Wahlperiode im Parlament eines Landes, das sich immer noch nicht entscheiden kann, laizistisch und Heimstatt für alle seine Bewohner zu sein.

Israel, jenseits der Träume der vom Antisemitismus Bedrückten und Verfolgten, also all jener, die einer bald offenen, bald versteckten Diskriminierung und Repression ausgesetzt waren, welche in der Zeit der faschistischen Machtausübung kulminierte im Völkermord – Israel ist vor allem ein Produkt Europas. Und das heißt, jener Soziokultur, die die moderne industrielle Gesellschaft, die kapitalistische Produktionsweise hervorbrachte.

Zu den Auswirkungen der Herausbildung „moderner“ Gesellschaften und der schließlichen Etablierung bürgerlich nationalistischer Herrschaft in Europa zählen nicht nur die Vermarktung von Millionen Afrikanern, ihre Haltung als Sklaven und ihre Ausbeutung bis zum Exzess in der Plantagenökonomie  (vor allem der USA, Brasiliens und einer Reihe karibischer Kolonien).

Dazu zählt nicht nur die koloniale Expansion mit allen ihren Folgen, welche noch in den 1970er Jahren von Soziologen wie Talcott Parsons verharmlost und beschönigt wurden als Beitrag zur Ausbreitung universeller Werte und von Modernisierungsimpulsen. 

Es zählt dazu nicht nur das Aufbrechen innereuropäischer Widersprüche  und die Politik der Unterdrückung des sich in diesem Europa gegen die Herrschaft der „Eliten“ regenden Widerstands, ebenso wie die Übertünchung der Klassenantagonismen. Und schließlich dann – im Gefolge der WELTWIRTSCHAFTSKRISE – die Zuspitzung der innergesellschaftlichen Konflikte, die Suche nach „Blitzableitern“, nach „Sündenböcken“. Was kulminiert im Zweiten Weltkrieg und zugleich in der „Opferung“ auserkorener „Minderheiten“: ob nun Juden und zu Juden Gestempelte, ob Sinti, Roma, Homosexuelle, Außenseiter, Kommunisten, Anarchisten oder auch viele Behinderte... 

Aber – vergessen wir das nicht: dies ist etwas, das sich bereits in kolonialen Massakern und im Genozid verübt an indigenen Völkern vorankündigt, dann im armenischen Drama an der europäischen Peripherie Gestalt annimmt, um  in der ersten Hälfte der 1940er Jahre  mitten in Europa neue, barbarische Formen der bürokratisch organisierten, quasi „industriellen“ Vernichtung von Millionen Menschen anzunehmen. Eine Praxis, die vor allem auf das Konto der beteiligten Banken  und Konzerne, der deutschen Bourgeoisie, des verbürgerlichten großgrundbesitzenden Adels, und der vielen hilfswilligen Generäle, Richter, Staatsanwälte, Verwaltungsbeamten und sonstigen „Staatsdiener“ (nicht zuletzt im Polizeidienst) sowie einer Unzahl opportunistischer und nationalistisch verblödeter Professoren und Lehrer geht. Was aber auch mitverantwortet wird von großen Teilen des schon 1918-23 besiegten „einfachen“ Volks der Arbeiter, kleinen Angestellten und unteren Beamten, der Landarbeiter, der dahinkrebsenden Kleinbauern, der kaum das Existenzminimum verdienenden Gewerbetreibenden. 

Bis heute zählt zu den zu benennenden Auswirkungen, als Konsequenz der Verkettungen –  als Folgerscheinung –  das Impassé, das der europäische Kolonialismus und Imperialismus in dem ehemals britischen Mandatsgebiet Palästina – dem heutigen Gebiet des Staates Israel, sowie der West Bank und Jordaniens – hinterlassen hat. 

Es ist wahr: der Zionismus war die Antwort von Diskriminierten, die durch den fortdauernden und sich zuletzt ins Barbarische steigernden Rassismus an ihre vermeintliche „ethnische“ und kulturelle Einheit erinnert wurden.  Er war eine homologe Antwort auf das Erstarken nationalistischer Ideologien im Europa und Nordamerika des 19. Jahrhunderts, und er ist bis heute eine ethnisch-religiös verbrämte nationalistische Ideologie. 

Aber die Anhänger dieser Ideologie wären nie in der Lage gewesen, ihre Absichten in der Art massenhafter Emigration nach Palästina umzusetzen, die schließlich erfolgte. 

Es war der Westen, der die Weichen stellte; es war Europa. 

Und dies vielleicht schon früh, weil die Rassisten in den Regierungen und in den herrschenden Klassen Europas und Nordamerikas schon im Moment, da man die Balfour Deklaration verfasst, „die Juden“ in „ihren“ Ländern – so als seien sie lästige Konkurrenten und Unruhestifter (und man sieht in dieser „Minderheit“, die man konstruiert, vor allem erfolgreiche Bankiers, Fabrikanten, Künstler, Intellektuelle, radikale Liberale und Linke) gern loswerden wollen. 

Das Ganze erhält im Gefolge des nazistischen Genozids eine starke und komplexere Dynamik. 

Die Überlebenden sind oft so traumatisiert, und es ist verständlich, das viele nur noch weg wollen aus dieser Hölle Europa. 

Die Anderen, ob Täter oder Angehörige der Befreier-Nationen, sind geplagt vom schlechten Gewissen: können den Überlebenden oft kaum noch ins Gesicht sehen. Trotz aller realpolitisch motivierten anfänglichen Behinderung der „jüdischen“ Emigration durch die britischen Behörden in den ersten Jahren nach 1945 will man, seitens der herrschenden Klassen im Westen, offenbar ein für alle Mal klar Schiff machen. 

Emigrationswunsch der Opfer und der latente Rassismus der westlichen „Eliten“, die sich jetzt plötzlich „philo-semitisch“ geben, stützen daher dieselbe Entwicklung: hin zu einer Dynamik massenhafter „jüdischer“ Emigration nach Palästina, die dort zu sozialen Widersprüchen führen muß. Hin zur Teilung des Mandatsgebiets, hin zur Gründung und Anerkennung des Staates Israel. Mit allen Folgen, die dies für die Palästinenser und die viele Jahrhunderte in den arabisch-islamisch geprägten Ländern existierenden jüdischen communities sowie ihre Soziokultur haben sollte.

Staaten – könnten wir wissen – sind Organe institutionalisierter Gewaltausübung sowie von Klassenherrschaft, aber die Beherrschten oder Fraktionen derselben können sehr wohl „integriert“ sein: sich in ihren Vorstellungen, Worten und Taten weitgehend einig sein mit den Herrschenden.

Auf die Klassenwidersprüche – die grundlegende Realität auch in Israel, obwohl sie durch den „nationalen“ Antagonismus zwischen europäischen Einwanderern und der Mehrheit der einheimischen Bevölkerung überlagert und kompliziert werden – hat der palästinensische Dichter Tawfik Zayyad immer wieder hingewiesen. Und zwar sowohl in seinem poetischen Werk wie auch als engagierter citoyen und Knesset-Abgeordneter der Haddash KP, die außer ihm, dem arabisch-palästinensischen Christen, zwei weitere Abgeordnete, einen jüdischen und einen moslemischen Bürger des Landes ins Parlament schickte. Und dies, um schon damit jenem Anspruch Ausdruck zu verleihen, den sie repräsentiert: daß es bei jedem emanzipatorisch-demokratischem Bestreben in Israel wie überhaupt in ganz Palästina gehen muß um eine gleichberechtigte Existenz der Menschen dieses Landes, mögen sie nun Juden, Christen, Moslems, Deisten, Atheisten oder was auch immer sein. 

Es geht Menschen, die – wie Tawfik Zayyad zu Lebzeiten –  diese Haltung unterstützen, um eine laizistische Gesellschaft:  ihren politischen Wertvorstellungen entsprechend gedacht als klassenlose, ohne Ausbeutung, ohne Fortdauer des uralten und doch immerzu ein neues Gesicht, eine neue Gestalt annehmenden Gegensatzes von Herr und Knecht.

Als Palästinenser hat sich Tawfik Zayyad empfunden. Das heißt: als jemand, der – wie so viele andere Juden, Drusen, Moslems und Christen der verschiedensten Schattierungen – in diesem Land, das seit der römischen Okkupation vor gut  2000 Jahren den Namen Palästina kennt, aufgewachsen ist. So wie Tanten und Onkel, Großmütter und Großväter vor ihm.

Als Palästinenser hat er das Unrecht der Enteignung und zunehmenden Marginalisierung weiter Teile der einheimischen Bevölkerung empfunden, das bereits den nationalistisch verbrämten Kriegen seit Ende der 1940er Jahre vorausging.

Die Verdammten dieser Erde – ob sie nun (durch Landverkäufe der arabischen Großgrundbesitzer an fremde Aufkäufer) zum Teil schon in den 20er und 30er Jahren von ihrer Scholle und aus ihren Hütten vertriebene palästinensische Pächter und Tagelöhner oder aber Verfolgte aus Europa waren – konnten damals, 1947, 1948, eine gemeinsame Sprache nicht finden. Zu verschieden waren die Wertvorstellungen, Gewohnheiten, Bräuche, auch die Hoffnungen.

Eine „gemeinsame Sprache“ – verstanden von allen und doch trennend – war die des Geldes gewesen, auf die sich palästinensische Grundbesitzer und britische oder amerikanische Financiers des Projekts einer „jüdischen Heimstatt“ in Palästina so schnell verständigt hatten bei ihren Transaktionen, den Ver- und Ankäufen von Land, bestimmt für Siedlungen, sogenannte „Kolonien“, der Einwanderer.

Eine weitere derartige Sprache, gemeinsam und trennend zugleich, und dabei gleichsam „modern“ –  das heißt, alte Formen des Zusammenlebens in Palästina plötzlich infrage stellend – war die des Nationalismus. Und das heißt:  des Ausschlusses der „Anderen“ und der Arroganz, wie sie  allen (und ganz besonders bürgerlichen und kleinbürgerlichen) Nationalisten zu eigen ist. Egal, ob die Rede ist von britischen Administratoren des Mandatsgebiets, einheimischen Notabeln, oder sich ihrer Bildung und ihres europäischen „zivilisatorischen standing“ bewussten Neuankömmlinge, die das Projekt eines neu zu gründenden „jüdischen Staates“ verfolgten. Unzweifelhaft wurde, von einem gewissen Punkt an, das Projekt der letzteren von westlichen Regierungen und Teilen der Bourgeoisie im Westen  (und sei es aus Schuldgefühlen gegenüber den Opfern des nazi-deutschen Völkermords heraus) protegiert, wenn nicht betrieben, ohne an die Bedürfnisse und Interessen der davon betroffenen Teile der einheimischen Bevölkerung auch nur im entferntesten zu denken.

Es ist erstaunlich, mit welcher Beharrlichkeit, allen widrigen Umständen zum Trotz, die arabisch-palästinensische Linke wie auch eine kleine Anzahl von Einwanderern, die sich dem Projekt eines „jüdischen Staates“ und der sich daraus ergebenden Politik entgegenstellen – an der Zielvorstellung eines gemeinsamen,  die Apartheid überwindenden Landes für alle festgehalten haben. Sie haben die Ausbeutung kritisiert und die Herrschaft einer nationalistischen „Elite“, die eine religiös gefärbte Ideologie instrumentalisiert, welche sich auf die Schrecken des faschistischen Völkermords beruft, um ihre eigene schreckenverbreitende Politik der Repression gegen die einstige Bevölkerungsmehrheit zu legitimieren.

Der arabische Nationalismus, den die Linke – auch die Haddash KP, der Zayyad angehörte – zu überwinden sucht, ist zweifellos eine Tatsache. Aber er ist auch eine Reaktionsbildung und insofern eine verständliche, wenn nicht temporär unumgängliche und vielleicht „notwendige“ Antwort auf den europäischen Kolonialismus und auf eine Einwanderung, die ähnlich wie die übrige europäische Einwanderung in der westlichen Hemisphäre, in Afrika und Ozeanien, zuletzt am eklatantesten  in Südafrika, gegenüber der einheimischen Bevölkerung  ein auf Ausschluß derselben, auf Landenteignung, Vertreibung, Umsiedlung und (im Kontext der Repression) oft genug auf individuelle oder kollektive Vernichtung hinauslaufendes Projekt betrieb. 

Wie überall in der sogenannten Dritten Welt ist der arabische Nationalismus nicht bloße Kopie des europäischen oder amerikanischen: er wird auch, temporär, ein Stück weit – mit allen einer solchen Instrumentalisierung einbeschriebenen Risiken – ein Instrument der Befreiung, eine „Waffe“. Und dies gegen die, welche nicht als Brüder, als Gäste kommen, sondern eindringen, um ihre Macht und Herrschaft zu etablieren. Und die dabei auch die Verkehrsformen der „modernen“ europäischen Soziokultur und die Effekte ihrer Produktionsweise importieren...

Natürlich sind, in jenen differenzierten, abgestuften Formen, welche die bürgerliche kapitalistische Gesellschaft „funktional“ auf die Produktion und Verwaltung bezogen, im Rahmen ihrer politisch-ideologischen Strategien des „Teile und herrsche“ produziert, auch die Masse der Einwanderer und der Nachkommen von Einwanderern in Israel Ausgebeutete und Beherrschte. Allerdings: wie die Mehrzahl der „poor whites“  im Süden der USA, wie  viele der ihrer „kaukasischen Abstammung“ gewissen US-amerikanischen Facharbeiter im Norden spüren diese Einwanderer instinktiv, daß es im Land eine „Bevölkerungsmasse“ gibt, die sie auf Grund der Benachteiligung derselben,  also ihrer Armut, ihrer Entrechtung usw.,  „unter sich“ einordnen können. Und die Medien, die Politik unterstützen und befördern in der Regel aus schlechtem Grund diese Wahrnehmung. 

Natürlich waren auch die Verhältnisse, die durch die nach dem Ersten Weltkrieg einsetzende, nach dem Zweiten stark vermehrte Einwanderung  und die nun etablierte, importierte Produktionsweise aufgelöst und abgelöst wurden, nicht paradiesisch. Es gab Herrschaft und Knechtschaft auch zuvor, paternalistische Klientelverhältnisse, welche die landlosen Pächter an die lokalen Grundbesitzer banden; es gab den Einfluß der Notabeln (Verwaltungsbeamte, Kaufleute, Kleriker) in den Städten. Zudem gab es jene „religiös“ gefärbte Borniertheit, welche selbst dem Ärmsten der Pächter oder der nomadisierenden Beduinen ein Überlegenheitsgefühl gegenüber jenen „Nichtmoslems“ vermittelte, die ob ihrer Religionszugehörigkeiten bis 1918 Untertanen mit minderen Rechten  gewesen waren; im heutigen Sprachgebrauch würde man sagen können, „Bürger zweiter Klasse“, wäre nicht der Begriff „Bürger“ für alle Einwohner des bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Palästina umfassenden Osmanischen Reiches verfehlt.

Natürlich hatte zudem unter der britischen Herrschaft ein Prozeß der Umwandlung der lokalen „Eliten“ eingesetzt: eine hier langsame, an anderem Ort – zumal in der Nähe größerer städtischer Zentren –schnellere Herausbildung agrarkapitalistischer Verhältnisse. Was genau jenes Faktum benennt, das dann im Bedarfsfall der von den Eignern geplanten „Mobilisierung“ (sprich: Veräußerung) des Agrareigentums die „Freisetzung“ der unter den alten spät-„feudalen“ Verhältnissen nirgends über den Boden verfügenden direkten Produzenten, also der Landarbeiter und der Pächter, erleichterte. Ein Vorgang, der in denjenigen Gebieten des Landes von besonderer Bedeutung sein musste, die schwerpunktmäßig zu Zentren der Einwanderung aus Europa wurden.

Schon in der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg sowie zwischen den Weltkriegen konnte sich die Einheit der vielfältigen Opfer – ob es nun vor Pogromen flüchtende arme Leute aus dem zaristischen Russland, kleine, um ihre Verdienstmöglichkeit gebrachte Geschäftsleute aus der jungen Sowjetunion, mittellos ankommende Verfolgte aus Nazi-Deutschland nach 1933  oder die palästinensischen Massen, mithin die ländliche, aber auch städtische „Armut“ Palästinas waren – nicht oder nur schwer herstellen. 

Dies muß für die vielen links eingestellten Flüchtlinge, die Deutschland zwischen 1933 und 1939 verlassen konnten und bewusst, oder weil sie kein anderes Aufnahmeland fanden, Palästina als Ziel ihrer Emigration wählten, besonders schmerzlich gewesen sein. Es ist anscheinend ein Fakt, daß jede von zwei Seiten, die in ein der Tendenz  nach objektiv konfliktuelles Verhältnis eintreten, enorme psychologische Probleme damit hat, die Interessen, Schwierigkeiten, Bedürfnisse und Leiden der anderen Seite zu verstehen. Offenkundig waren in der Regel die Massen der Enteigneten und mithin Entwurzelten Palästinas, die sich im eigenen Land in ganz neuer Weise von Marginalisierung bedroht sahen, in der Regel nicht in der Lage, sich mit den Menschen, die aus Europa vor den Schrecken des Nazi-Regimes flüchteten, zu solidarisieren: sahen sie in ihnen doch Europäer, „Siedler“, die im Gefolge und unter dem Schutz der bewaffneten kolonialen Macht kamen. Und die von eben jenem Land im Zuge der Bildung neuer „jüdischer“ Siedlungen (oder „Kolonien“) Besitz ergriffen oder zu ergreifen im Begriff waren, das bis dahin ihren Lebensunterhalt als Pächter oder Landarbeiter gesichert hatte. In all den Fällen, in denen Angehörige der armen palästinensische Landbevölkerung  im Zuge des Verkaufs von Gütern an Sponsoren der Immigration (noch) nicht freigesetzt waren, schwebte zumindest das Damokles-Schwert einer solchen Freisetzung, als Bedrohung wahrgenommen, über ihnen. 

Überdies stießen in einer weitgehend traditionellen Gesellschaft, nicht nur auf dem Lande, auch jenseits des Ökonomischen die Verkehrsformen von Mitteleuropäern mit überwiegend urbanem, bisweilen sogar grosstädtischem Erfahrungshorizont auf Befremden, wenn nicht Ablehnung. Noch in den 1950er und 60er Jahren müssen  offensichtlich die Verhaltensformen und die Art der Kleidung vieler junger israelischer Frauen den einfachen Fellachen im Nahen Osten oder den Beduinen als frivol erschienen sein: junge Frauen, im Kibbuz, die Shorts tragend, auf dem Feld arbeiten, konnten damals nur als ähnlich „unmoralisch“ wahrgenommen werden wie Touristen auf Kreta von der dortigen älteren Bevölkerung, wenn sie in Sandalen und Shorts bekleidet eine Kirche besuchen oder wenn sie nackt am Strand „sonnenbaden“. Erst Video-Filme, das Fernsehen und neuerdings das Internet dürften wenigstens bei der jungen Generation in der Folge eine gewisse Angleichung von „Maßstäben“ in dieser Beziehung bewirkt haben.

Was jene meist urbanen in der Regel mittel- und osteuropäischen Flüchtlinge betrifft, die verstärkt seit den 20er Jahren und in anschwellender Zahl seit Anfang der 30er Jahre Palästina erreichten,  was aber auch ab ca. 1947 die Überlebenden der Völkermords-Praxis der Faschisten (in Mitteleuropa und den besetzten Gebieten) betrifft, so muß ihnen umgekehrt ihre kulturelle Ablehnung der einheimischen Bevölkerung als ähnlich „normal“ und „berechtigt“ erschienen sein wie jenen Kolonisatoren, die sich in der sogenannten Dritten Welt als Repräsentanten einer überlegenen zivilisierten Welt in einer primitiven, wenn nicht tendenziell barbarischen „terra incognita“ sahen. Woraus sich das Gefühl ableitete, „the white man’s burden“ (die Last des „weißen Mannes“) auf den Schultern zu tragen und verpflichtet zu sein, den anderen „die Kultur“ zu bringen. Was in den Kolonien letztlich immer auch eine Legitimationsstrategie für den Landraub, die koloniale Ausbeutung und Repression sowie für die eigene Arroganz war.

In Bezug auf Palästina ist fraglich, ob sozialistisch orientierten Kibbuz-Mitglieder vor Ausbruch des Kriegs, der Ende der 40er Jahre als Antwort auf den Teilungsplan und auf die Unabhängigkeitserklärung Israels losbricht, ihre „universalistischen“ Vorstellungen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in der Praxis vor Ort auf die „barbarischen“ – zumindest als rückständig und auch oft als feindselig wahrgenommenen –  palästinensischen Bauern und Beduinen in ihrer Nachbarschaft ausweiteten, oder ob sie auf einer kleinen abgeschotteten, bestenfalls mit anderen, ähnlichen Kooperativen vernetzten „Insel“ im bedrohlichen Meer lebten. Natürlich ist dabei einzuräumen, daß die „andere Seite“ brüderliche Annäherungsversuche vermutlich zunächst einmal zurückgewiesen haben würde.

Was die bürgerlich-nationalistischen Strömungen (im Unterschied zu den „links-zionistischen“ und den dem Zionismus ablehnend gegenüberstehenden Siedlern) angeht, so darf man ohnehin davon ausgehen, daß ihr Projekt der Konstruktion oder „Rekonstitution“ von „Eretz Israel“ kolonialistisch-expansionistische Züge trug, die ganz in der Tradition des europäischen Kolonialismus und des westlichen Überlegenheits-Diskurses stehen und die durch die Erfahrung der Verfolgung und des von den deutschen Faschisten verübten Völkermords nicht unbedingt bei allen gemildert wurden. Im Gegenteil: auch die sozialdarwinistische, machiavellistisch vorgetragene Auffassung, daß nur Härte zählt und daß Schwäche unvermeidlich dazu führt, daß man leidet  und den Kürzeren zieht, fand und findet noch immer in diesen Kreisen, wie überall in der Welt (besonders innerhalb der herrschenden Schichten), Beifall. Ganz offensichtlich hat sich in Israel in manchen Köpfen die Auffassung herausgebildet, man dürfe in dieser Welt nicht immer nur das Lamm sein, das zur Schlachtbank getrieben wird. Vielmehr sei die exzessive Bewaffnung und das Recht des Stärkeren der beste Garant für die Vermeidung eines ewigen Status als Opfer der Geschichte.

Für die Ausgebeuteten und Beherrschten unter den Einwanderern, die als Lohnabhängige in der Privatwirtschaft oder staatlichen Betrieben sowie in der Verwaltung tätig sind, die von wirklicher Teilhabe an politischer Macht  unter den Voraussetzungen einer bloß formalen, nämlich von hierarchisch strukturierten politischen Organisationen (Parteien) und gewissen, mit ihnen verzahnten Verbänden beherrschten Demokratie de facto ausgeschlossen bleiben, konnte die Einsicht in ihre gesellschaftliche Situation, soweit sie vor allem ihre Stellung im Produktionsprozeß betraf (worüber sie „an sich“ keine Illusionen haben können), nicht wirklich greifen oder zumindest ausschlaggebend werden: sahen sie doch, aus ihrer Einwanderer- oder Siedler-Perspektive – ihre eigene (individuelle und kollektive) Position „inmitten einer See feindseliger arabischer Nachbarn“ als zweifelsohne prekär an. Sie wissen sich, in diesem Bewußtsein subjektiv wahrgenommener Bedrohung gefangen, in „derselben“ bedrohten Position wie die herrschenden Funktionäre der politischen Kaste und die Angehörigen der israelischen Bourgeoisie, also jener Klasse, die sie ausbeutet. Sie wissen nicht, daß sie – wie die palästinensischen Tagelöhner der West Bank, die sich des Morgens, Arbeit suchend, in langen Reihen aufstellen, wie die um ihre Olivenbäume und ihr Land gebrachten Bauern in Hebron oder Ramallah, wie die politisch aktiven und stellungslos gewordenen palästinensischen Lehrer in Galiläa oder im „Dreieck“, wie die von Vertreibung bedrohten, an ihrer nach alter Manier gepflegten, freien Bewegung (auch über Grenzen hinweg) von der Staatsmacht gehinderten Beduinen – „Geschlagene“ sind. Daß ihre „Herren“ letztlich viel mehr mit den Herren in Riad oder in Kairo (die ja ebenfalls treue Statthalter von geopolitischen, wirtschaftlichen und militärischen US-Interessen in der Region sind) gemeinsam haben als mit ihnen. Und wenn sie es wissen, hält sie das halbdunkle Bewußtsein gefangen, nicht nur Nachfahren und Erben der Opfer der Verfolgung in Europa zu sein, sondern auch Mitschuldige am Schicksal der in Palästina Enteigneten und um ihr Heimatland Gebrachten. Und in der Tat, dies stärkt die Einheit der Herren und Knechte in der community der „Eingewanderten“: daß auch die ausgebeuteten Mitglieder dieser community  mitschuldig sind am Schicksal derer, die noch stärker ausgebeutet und bedrückt sind als sie, in diesem Israel-Palästina, das – und dies aus Gründen des formaldemokratischen Alibis – lediglich den winzigen Schimmer eines Anscheins, ein säkularer Staat zu sein, wahrt. Es ist also bei diesen Nachgeborenen, die sich nicht zu Unrecht darauf berufen, in gewissem Sinn immer noch Opfer dessen zu sein, was die Politsprache, den faschistischen sechsmillionenfachen Mord an Juden und zu Juden Gestempelten meinend, heute das singuläre Verbrechen der Neuzeit, den Holocaust nennt (wobei die ungeheuren Verbrechen, zumal an den Indigenen der westlichen Hemisphäre, an den versklavten und an den in den Kolonien ausgebeuteten Afrikanern, an den beinahe vollständig in ihrer kulturellen und physischen Existenz vernichteten Aborigines des fünften Kontinents skandalös relativiert werden, weil das Ungeheure nach Europa zurückkehrte, weil die Barbarei von Auschwitz und Treblinka Europäer betraf), etwas „Zusätzliches“ und Verschwiegenes, Verdrängtes im Spiel: das uneingestandene Bewußtsein der Schuld am Schicksal der „Anderen“, der Palästinenser. Vielleicht macht das, für’s Erste und solange die Verdrängung funktioniert, den Konflikt – wenigstens was die israelische Seite angeht – so hart und so bitter, so scheinbar unauflöslich. Es ist diese ererbte und von Tag zu Tag durch die Praxis der Repression fortgeschriebene historische Schuld, welche die Masse der Eingewanderten und ihrer Nachkommen an die Herren kettet. Man sieht sich im selben Boot.  Aber wie eigenartig: diese Einheit mit ihren Herren, den „Eliten“ in Israel, die vermeintlich den Abwehrkampf organisieren gegen die reaktionären arabischen Dynastien und Militär-Machthaber, gegen die bürgerlichen arabischen Nationalisten, gegen die vermeintlich „gesichtslose“ Masse all derer, von denen  sich die Einwanderer als „Eindringliche“ betrachtet fühlen, ist absurd. Denn sitzen nicht gerade die großen „Chefs“ der israelischen Gesellschaft mit den politischen Chefs in Riad und Amman und Kairo, selbst in Bahrain, in Dubai, in einem Boot? Wie viel ist für diese Chefs eigentlich Hokus Pokus und Firlefanz, wenn sie – im Stil eines Rabbi Meir Kahane – die mythische biblische Chronologie des „Volkes Israel“ auf der Website des Staates als ernstzunehmenden historischen Fakt präsentieren? Was ist bloß noch ideologisches Futter für eine für dumm verkaufte Bevölkerung, wenn diese Herren von dem „eigenen, angestammten Land“ sprechen? Zugesprochen „dem Volk Israel“ von „Gott“ selbst, wie es der Mythos sagt...

Auch dieses Bewußtsein wirkt fort, als falsche Bewußtsein, daß aber erklärlich war im Europa der Pogrome und gewiß auch verständlich – verbarg sich doch darin die Sehnsucht nach einem Ausweg. Heute ist es nur noch, außer vielleicht bei den borniertesten Dogmatikern der sich religiös nennenden Rechten und bei gewissen Mystikern, eine Platitude, ein gebetensmühlenhaft nachgeplapperter Refrain, eine der durchsichtigsten ideologischen Rechtfertigungen der Landnahme. Indem die politisch gewollte Perpetuierung des Mythos aber – im Zuge einer für die sich Rechtfertigenden durchsichtigen, aber dennoch willig akzeptierten Selbsttäuschung – den Einwanderern und ihren Nachkommen dazu verhilft, die schrittweise Enteignung und anschließende, weitgehende Vertreibung der „Anderen“ sowie alle später daran anschließende Repression als gerecht wahrzunehmen, indem es sie also die eigene Sache als gerechte, legitime ansehen lässt statt als eine solche, in der zur Erfahrung des Verfolgt-Werdens der „Eigenen“ die nachfolgende Erfahrung der eigenen Schuld hinzukam, wird die religiös gefärbte, mythische Erzählung vom „versprochenen Land“ zum Kern der nationalistischen Ideologie. Auch wenn man als Humanist auf dem Standpunkt steht, daß jeder Mensch überall willkommen sein soll und das Recht haben soll, mit Anderen geschwisterlich zu leben, lässt sich dennoch das Argument nicht ganz von der Hand weisen, daß einer, der der Nationalstaats-Ideologie auf den Leim ging und die „Anderen“ ausschließt, schon darum, wenigstens im Prinzip, das Recht verwirkt hat, als Verfolgter, als Schwester und Bruder, brüderlich von den Menschen Palästinas aufgenommen zu werden. Und – vergessen wir nicht – es waren gastfreundliche Menschen, in Palästina. Wie in Griechenland, wie überall in der Levante, wie in der Wüste Nordafrikas und Arabiens. Nur ein Vergeben, nur Versöhnung kann diese Scharte auswetzen, kann gut machen, was schlecht geworden ist. Es ist wahr, daß der Mensch als Bruder des Menschen überall und doch nirgends in unabdingbarer, unbedingter Weise zuhause ist. Wo aber diese Offenheit verspielt wird, wo man eine Politik der Stärke – „realistisch“, wie man meint – verfolgt, wo ein Machtkalkül, Friedensdiktate, diplomatisches Auskungeln und Ausmanövrieren, im Spiel sind, welche Hoffnung auf Versöhnung soll da noch blühen können? Was ist zu halten von den Scheinlösungen: von einem aus zerstückelten Homelands und Bantustans (dieses Mal nicht in Südafrika) bestehenden „eigenen“ Staat der Palästinenser?  Was, von den von außen aufgezwungenen „Antworten“? Antworten, die nicht einmal die israelischen Nationalisten (welche „alles“ für sich wollen, auch die West Bank, vielleicht Teile Transjordaniens) akzeptieren und die von der PLO-Führung akzeptiert wurden, weil man keine Wahl ließ und weil ihnen der Spatz in der Hand mehr bedeutete als die Taube auf dem Dach. Aber es ist die Taube, die Frieden bedeutet: alles, das ganze Palästina, als Heimstatt für alle Menschen dort. Die Nachkommen der Einwanderer haben keinen anderen Ort, können nirgends sonst hin. Viele durch die Nakba, die Katastrophe im Gefolge des ersten israelisch-arabischen Kriegs oder durch die spätere Repressionspolitik vertriebene Palästinenser sehnen sich nach Rückkehr. Es geht nicht ohne ein Auf-Einander-Zugehen, ohne Rechte für alle, ohne ein Gutmachen dessen, was an Schlechtem gemacht und getan wurde.

Was bleibt da anderes als die notwendige Hoffnung auf Einsicht, wie sie sich vielleicht nur aus zwischenmenschlichen Begegnungen zwischen Einwanderern und Einheimischen, vielleicht auch aus der (Lese- oder Hör-)Erfahrung solcher Gedichte wie jener von Tawfik Zayyad ergeben kann. Es ist notwendig, für beide Seiten, nicht nur die eigene Erzählung zu wiederholen, nicht allein des eigenen Leids zu gedenken, wodurch nur die eigenen Ängste und Aggressionsimpulse perpetuiert würden. Es ist notwendig, die Erzählung der Anderen zu hören: ihr Leid, ihre Ängste wahrzunehmen und zu verstehen. 

Gewiß, das gilt heute für beide Seiten; für die Eindringlinge und die Beraubten. Für die, von denen die ökonomische und kulturelle Aggression ausging; die Seite, die sich zur führenden Militärmacht der Region entwickelte, die in ihrem Setzen auf Repression gegenüber den Unbotmäßigen nicht nach dem Prinzip „Auge um Auge“ handelt, sondern immer wieder nach dem kolonialistischen Prinzip „für jeden toten Israeli nicht 10, nein hundert tote Feinde“ – so, wie sie es zuletzt bei dem Krieg in Gaza, einer de facto immer noch kontrollierten, also besetzten und von jeder normalen Versorgung abgeschnittenen, an jedem normalen Leben gehinderten Stadt zeigten. Und es gilt für die Beraubten, die Erniedrigten, die sich – weil sie Menschen sind und ihre Würde verteidigen – nicht beugen; es gilt für die, die ohnmächtig zurückschlagen, die ganz wie die Nachfahren der Einwanderer, zu fragwürdigen und oft auch unmenschlichen Mitteln greifen. Kinder, die schutzlosesten von allen, zu Opfern zu machen – ist es nicht immer ein inhumaner Akt, ganz gleich, ob es sich um einen Luftangriff, um Beschuß durch Panzer handelt, oder um ein Selbstmordattentat in Tel Aviv, um eine abgefeuerte Katuscha?

Was bleibt heute anders als die kleine, aber wachgehaltene Hoffnung trotz allem, die in uns lebendig ist? Was bleibt, außer –   Einsicht einer kleinen, aber wachsenden Zahl von Menschen, zu denen auch Tawfik Zayyad gehörte, daß das, was wir in den letzten 50 Jahren als vorherrschende Praxis auf beiden Seiten in Palästina-Israel gesehen haben und noch heute sehen, nicht der richtige Weg ist? Was, außer der Erkenntnis, daß die Menschen dieses Landes und dieser Region gemeinsame Probleme haben, daß man gemeinsam leben kann und gemeinsam an der Lösung der Probleme arbeiten muß?

Auch wenn es manchmal, aus verständlichem Trotz, aus Protest gegen das Unrecht, aus der Notwendigkeit eines Widerstands heraus, nicht so aussah – Tawfik Zayyad hat letztlich diese Hoffnung repräsentiert, so wie auch die politischen Weggefährten, die er fand, für das gemeinsame Ziel der Befreiung des Menschen eintraten. Zayyad hat das repräsentiert, in seinen Texten, in seinem Leben: auch für die Bewußtesten unter den Eingewanderten, erst recht in der palästinensischen community, wo es viele gab und gibt, die verstehen, daß der Reflex, mit dem ein Tier sein Territorium verteidigt, nichts Menschliches an sich hat. Daß die Geschichte der Menschheit eine der Wanderungsbewegungen und Einwanderungswellen ist. Daß – so wie, dem Mythos zufolge,  „das Volk Israel“ aus Ägypten in das Neue Land einfiel, so wie sich Zuwanderung und Abwanderung in den römischen, arabischen, türkischen Machtbereichen ganz selbstverständlich vollzog – ebenso auch die Immigration, unter britischer Herrschaft, von Verfolgten und Gequälten aus Europa, die in Palästina ihre ethnischen, kulturellen und „religiösen“ Wurzeln sahen, eine Tatsache ist, die sich einreiht in die Reihe vieler ähnlicher, früherer Tatsachen. Solche Tatsachen werden entweder auf der Basis von Macht und Herrschaft verteidigt oder umgestürzt. Oder man wird endlich lernen, und zwar auf beiden Seiten lernen, auf eine menschliche, das heißt „geschwisterliche“ Weise mit ihnen umzugehen. Weil doch für die gemeinsame, verstehende, solidarische Existenz das Bedürfnis, die Zeit und auch der Raum in der Geschichte da ist. Als unser – so lange schon ersehntes – „menschliches Universum“...

In diesem Sinne steht das Gedicht „Das Unmögliche“ von Tawfik Zayyad für etwas sehr wesentliches: nämlich die Unmöglichkeit, weiter zu machen wie bisher, gefangen im Kreislauf von Haß und Gewalt, von Gewalt und Gegengewalt, in der Opposition von Herrschaft, Privileg und Ausgeschlossensein, Unterdrücktsein. Nicht nur die Enkel der in Europa Geschundenen haben eine Sehnsucht nach einem Zuhause, nach Sicherheit und Geborgenheit in Israel-Palästina. Auch die Menschen in Galiläa, in der West Bank, in Gaza, in den Flüchtlingslagern Jordaniens und des Libanon. Und ebenso wie all die, die wählen, Jude zu sein und die sich auf dieser Welt, wo sie auch sein mögen, sehnen nach einem Israel, gibt es unglückliche Palästinenser in der ganzen Welt, die an die Ölbäume ihrer Jugend, die Zitronenbäume in den Innenhöfen ihrer Geburtshäuser denken. Es muß möglich werden, für alle, überall „Heimat“ zu finden, und wenn das die Wahl eines Menschen ist, auch in jenem heute umkämpften Land, dessen Regierung noch nicht aufgehört hat, Menschen zu vertreiben.
 

Dieser im Juli 1994 verfaßte, inzwischen überarbeitete Text hatte zu der Zeit, als er entstand, keine Chance, in irgendeiner Zeitung in Deutschland veröffentlicht zu werden. Er wird hier erstmals zur Diskussion gestellt.
 
 

 

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